Mit dem Kopf durch die Wand zur Regenbogenbrücke

Am 18.11.2020 musste ich meine Bella gehen lassen … meinen geliebten Sturkopf – sie hat bis zum letzten Atemzug gekämpft und nicht aufgegeben, bis wir sie von Ihrem Kolik-Schmerz erlöst haben. Sie durfte 30 Jahre alt werden und sie war bis zu ihrem letzten Tag topfit und ging mit dem Kopf durch jede Wand. Den Tierarzt brauchte ich nur zu Impfungen und zum Zähne richten, sonst nie … bis auf heute … und da war unser Tierarzt ganz schnell da und hat sein Möglichstes versucht, leider vergebens.

Was haben wir nicht alles zusammen erlebt in den vergangenen 22 Jahren, die wir gemeinsam verbrachten … sie hat mir den Mut zum Reiten wiedergegeben als ich nach einem schweren Sturz Angst vorm Reiten hatte. Wir haben viele wunderschöne, lange Ausritte unternommen. Meine damals 7jährige Tochter hat mit ihr an der Longe reiten gelernt – sie war das zuverlässigste Kindermädchen, das ich mir vorstellen kann! Wir waren uns zwar oft nicht ganz einig, ob man wirklich in der Halle auf einem Hufschlag reiten muss oder ob man wirklich unbedingt an einer in Ihren Augen gefährlichen Stelle vorbei muss oder womöglich durch eine Pfütze? Und Gras ist zum Fressen da und nicht um darüber zu reiten, oder? Ohne Pferdekumpel ist sie keine 10 Schritte vom Hof gegangen, aber wenn es darauf ankam, dann konnte ich mich immer auf sie verlassen.

Es ist schon etwas ganz Besonderes, solch einen Dickschädel zu reiten. Wer einmal solch ein Charakterpferd gehabt hat, der will nie wieder ein Pferd, das einfach immer das tut, was man von ihm erwartet – ohne Diskussionen … Bella ließ sich durchaus auch überzeugen und letztendlich haben wir uns beide sehr gut zusammengerauft, solange ich das oberste Gebot beachtete und mich nie zwischen sie und ihr Futter stellte – dann wurde man zu der Wand, durch die sie mit ihrem Kopf ging und das konnte schmerzhaft werden. Sie nahm einem auch nie etwas übel, auch wenn man seine Vorstellungen etwas massiver durchsetzen musste.

Karl-Heinz auf Laisa und Marion auf Bella reiten aus
Karl-Heinz auf Laisa und Marion auf Bella reiten aus

Sie war ein super sauberes Pferd und hat immer nur in einem bestimmten Bereich auf ihrem Paddock geäpfelt. Wenn ich dann dort sauber machte, dann kam sie immer zu mir und stupste mich an und war so präsent, dass ich sie unmöglich übersehen konnte und auch oft einen Slalom zum Schubkarren machen musste. Aber das war ok und ich genoss diese Zweisamkeit jeden Abend.  Dann zeigte sie mir, dass ich wichtig für sie war und wie stark unser Band war. Dann gab es oft mehr Kraul- und Schmuseeinheiten als Stallarbeit. Diese Zeit gehörte ganz uns und nach einem anstrengenden Arbeitstag war ich dann wieder geerdet und entschleunigt – um nichts in der Welt möchte ich diese Zeit missen, sie war noch wertvoller und intensiver als alle Ausritte. Und wir hatten früher wunderschöne Ausritte – oft schon im Morgengrauen der Sonne entgegen und viele Stunden lang.

Sie erfüllte mir nicht nur meine reiterlichen Träume – sie schenkte mir 2003 mein erstes lebendes Fohlen und dann im stolzen Alter von 22 Jahren endlich noch das ersehnte Stutfohlen, mein Traumpferd Gini. Bella war eine wundervolle Mutter. Obwohl sie von der sehr schweren Geburt (Ginis Kopf steckte vor dem Geburtskanal fest) total fertig und erschöpft war, blieb sie von morgens um 6 bis nachts um 12 auf den Beinen, damit wir für die stark geschwächte Gini Milch abpumpen konnten. Sie stand da und kämpfte mit uns um das Leben ihrer Tochter – voll Vertrauen in ihre Menschen. Sie legte sich erst hin, als ihre Tochter über den Berg war und das erste Mal selbst trank. In Gini lebt mein geliebter Sturkopf, den sie ihr – wie vieles andere auch – vererbt hat, weiter.

R.I.P. meine Bella – ich stelle mir vor, wie Du mit Meggie hinter der Regenbogenbrücke über eine Wiese galoppierst – und es tut nicht mehr ganz so weh …